OFF

Eigentlich war’s eine Flucht.
Raus aus den Weltnachrichten und den bedrückenden Stellungnahmen.
Raus aus der Wut, Traurigkeit, Empörung, Fassungslosigkeit.
Raus aus den Unterstützungs-Petitionen und -Kommentaren.
Verschwunden waren meine eigenen Ideen und Wünsche, weggefegt vom Orkan des Weltschmerzes.
Um mich in Ruhe wieder zu sammeln, flüchtete ich in einen Offline-Tag. Zur Draufgabe schaltete ich auch mein Handy ab. (Kurz die Panik, ob ich meinen pin überhaupt noch weiß!) Ich wollte einen Tag ohne Impulse von außen verbringen. Ich wollte herausfinden, was sich aus mir heraus aktiviert. Nun, das war nicht einfach. Denn der Nachhall der bereits aufgenommenen Eindrücke dröhnte mich den ganzen Vormittag zu. Ein Spaziergang im eisigen Wind führte zu einer rot-gefrorenen Nasenspitze und tränen-verkniffenen Augen. Meine Gedanken hüpften, wohlig warm gehalten unter Haube & Kapuze, weiterhin schreiend durcheinander. Erst am Nachmittag kehrte Ruhe ein. Ich versuchte, die Stille zu nutzen und mich auf meine Frage: „was will ich?“ einzulassen. Dabei schlief ich ein. Den Rest des Tages verbrachte ich mit Schreiben, Essen und Lesen. Ich ging frühzeitig zu Bett, mit dem Gedanken: „Bin schon gespannt, was ich morgen nachlese!“
Erstaunt bin ich, dass so ein einziger Tag tatsächlich ein wenig nach „Entzug“ schmeckt.
Nachdenklich macht mich, wie mächtig unsere Online-Welt ist und wie sehr ich darin verstrickt bin.
Dies war mein erster, bewusst gewählter Offline-Tag. Ich denke, ich brauch immer wieder einen solchen, denn ich will, dass sich das „off“ normal anfühlt.

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